Hl. Florian
Wienerberger Keramik
Hl. Florian
Zum Künstler: unbekannt, Lit.: Waltraut Neuwirth:
Wiener Keramik. Braunschweig 1974,
Seite 342, Abb. 222
Gemarkt: Wien um 1920 - 1925
Maße: H 67,4 cm
Material: Keramik farbig glasiert
Provenienz: österreichischer Privatbesitz.
Ein weiterer Exemplar befindet sich im
Floridsdorfer Feuerwehrmuseum in Wien.
Die Wienerberger Werkstättenschule für Keramik
Die Erneuerungen auf dem Gebiet der Keramik in Wien sind zunächst den Künstlern um die Wiener Keramik und die Wiener Werkstätte zu verdanken, ab 1920 aber vor allem den Bildhauern der Wienerberger Werkstättenschule für Keramik, da diese sich stets für neue technische Möglichkeiten interessierten. Auch die Aufmerksamkeit der Industrie wurde auf die neuen Möglichkeiten des Materials gelenkt. Besonders Wilhelm Exner, Nestor der österreichischen Techniker, richtete sein Interesse im Verlauf der Tätigkeit als Präsident des technischen Versuchsamtes auf dieses Thema und seiner Initiative ist die Gründung der Wienerberger Werkstättenschule für Keramik zu verdanken. 110 Die Wienerberger Werkstättenschule für Keramik sollte einen neuen Schultypus darstellen: "Sie war an ein Industrieunternehmen (eben die "Wienerberger Ziegelfabriks- und Baugesellschaft") angegliedert und sollte die Ausbildung von keramischen Fachleuten in Fühlung mit der Praxis ermöglichen." Wienerberger als Kooperationspartner zu wählen lag wohl auf der Hand, da das Unternehmen das größte auf seinem Gebiet und dazu auch sehr erfolgreich war. So berief Exner Powolny-Schüler Robert Obsieger, der zuvor eine Professur an der keramischen Fachschule in Znaim inne hatte, als Leiter der neuen Schule nach Wien und gemeinsam erarbeiteten die beiden einen Lehrplan für die neue Werkstättenschule. Schon 1919 begann der Aufbau der Wienerberger Werkstättenschule mit dem Schwerpunkt auf Kunst- und Baukeramik und am 1. Dezember 1920 startete mit staatlicher Unterstützung der erste Lehrgang der Schule. Zu den Aufsichtsratsmitgliedern der Werkstättenschule gehörte unter anderem Michael Powolny, der auch aufgrund seiner Tätigkeit für die Wiener Werkstätte große Bekanntheit erreichte.
Der Werkstättenunterricht dauerte sechs Semester, davon wurde in den ersten drei Semestern Allgemeines gelehrt, in den zweiten drei Semestern spezialisierten sich die Schüler je nach Neigung und Begabung. Eine der Aufnahmebedingungen für ordentliche Schüler war neben zeichnerischer und plastischer Begabung das vollendete 14. Lebensjahr. Der Lehrplan setzte sich folgendermaßen zusammen: In den ersten drei Semestern mussten die Schüler Deutsch, Rechnen, Chemie und allgemeine Keramik, Physik, Mineralogie und Geologie, Zeichnen und Malen sowie Modellieren lernen, der Werkstättenunterricht machte fast ein Drittel der Unterrichtsstunden aus. In der zweiten Hälfte der Schulausbildung beschäftigten sich die Schüler dann nur mehr mit "Allgemeiner Keramik", praktischer Laborarbeit und zu einem Großteil mit Werkstättenarbeit und Spezialfächern. Eine im Archiv der Firma Wienerberger erhaltene schwarz-weiß Fotografie zeigt Erzeugnisse, die höchstwahrscheinlich aus der Wienerberger Werkstättenschule für Keramik stammt Ein Werkstättenzeugnis, ebenfalls aus dem Archiv von Wienerberger, zeigt den eigenen Stempel der Wienerberger Werkstättenschule für Keramik. Verwendung fand dieser Stempel jedoch nur für Unterlagen der Schule, nicht jedoch für die keramischen Arbeiten. Parallel zur Wienerberger Werkstättenschule gab es an der Wiener Kunstgewerbeschule, der heutigen Universität für Angewandte Kunst, eine Keramikklasse, welche von Michael Powolny geleitet wurde, jedoch handelte es sich dabei nicht um eine Schulausbildung sondern um ein akademisches Studium. Der spezielle Fokus der Wienerberger Werkstättenschule richtete sich aber auf die technisch-praktische Seite der Töpferei und Hafnerei sowie der Porzellan- und Steinguterzeugung und moderne Technologien wurden verwendet. Daher wurde die Wienerberger Werkstättenschule zum Zentrum für Entwicklung, Forschung und Weiterbildung. Besonders war, dass die Schule in ihren Werkstätten vergleichsweise große keramische Arbeiten und Baukeramik, wie beispielsweise Vasen, Schalen oder Wandbrunnen, hergestellt werden konnten. Schon 1920 wurden beispielsweise bei der Wiener Kunstschau Obsiegers überlebensgroße Halbfiguren "Frühling" und "Medusenkopf" ausgestellt. Diesen Vorteil der großen Brennöfen erkannten bald auch Künstler anderer Werkstätten und ließen ihre Werke bei Wienerberger brennen.
Meist war es so, dass die Studenten, welche die Wiener Kunstgewerbeschule besuchten, zuvor bereits eine keramische Ausbildung absolviert hatten. Anfänglich wurden die Fachschulen für Keramik oder Tonindustrie in Znaim, Teplitz oder Bechyn als erste Ausbildung besucht, später wurden die Wienerberger Werkstättenschule Obsiegers neben anderen Werkstätten von Zweybrück, Spanning und Bucher, sowie einzelne keramische Firmen, wie die Firmen Schwadron, Wiener Keramik, Sommerhuber in Steyr oder die Wiener kunstkeramische Werkstätte frequentiert. Dies lässt darauf schließen, dass die Ausbildung der Wienerberger Werkstättenschule von vielen als Vorausbildung vor dem Besuch der Wiener Kunstgewerbeschule genossen wurde.
Um auf die Bedeutung der Werkstättenschule zu verweisen, soll ein wichtiger Absatz aus einer zeitgenössischen Zeitschrift zitiert werden: "Deshalb ist es aufs schmerzlichste zu bedauern, daß [sic] für den Fortbestand der Wienerberger Werkstättenschule Gefahr besteht. Die Schule ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen geblieben, obgleich die Lehrkräfte vom Staat erstellt werden. Nun wird die Wirtschaftskrise als Begründung für die Auflösung der Anstalt herangezogen, eine Maßnahme, die durchaus gegen die wirtschaftlichen Interessen der Allgemeinheit wäre. Vorläufig ist durch Eingreifen des Österreichischen Werkbundes ein Provisorium errichtet worden, das aber bald abläuft. Was dann geschieht, weiß niemand. Obsiegers Lehrtätigkeit aber ist wirtschaftlich ebenso produktiv, wie künstlerisch. Wir brauchen ihn." Dennoch konnte die Werkstättenschule für Keramik nicht bestehen bleiben und wurde 1932 geschlossen. Obsieger blieb bis zur Schließung der Wienerberger Werkstättenschule deren Leiter. Nach der Schließung überließ die Wienerberger Ziegelfabriks- und Baugesellschaft die Fabriksrealität der Werkstättenschule dem Österreichischen Werkbund für den Betrieb einer Fachschule für Keramik, ebenso wie die Einrichtung und wie im Gedenkenprotokoll vom 14. November 1932 formuliert wird "wie alles liegt und steht, ferner nachstehende, dortselbst neu aufzustellende Arbeitsmaschinen bzw. Behelfe".
Quelle: Mag. Konstanze Horak: Studien zur österreichischen Baukeramik der Zwischenkriegszeit mit Schwerpunkt Wienerberger